Technik- und Umweltgeschichte sind eine Einladung zu einem anderen Blick auf die Vergangenheit. Es geht um das tägliche Brot der Menschen, ihre Werkzeuge und Maschinen, ihre materiellen Bedürfnisse und die Infrastrukturen, die diese Bedürfnisse befriedigen – und es geht um die vielen Dinge, die dabei schief gehen können. Das Themenspektrum reicht von der Luft, die Sie einatmen, bis zum Reißverschluss an Ihrer Jeans. Menschen machen ihre Geschichte nicht allein, sondern in Begleitung zahlreicher Gegenstände, Tiere, Pflanzen und gesichtsloser Stoffströme. Und natürlich interessiert sich der Technik- und Umwelthistoriker auch für den Dreck, den Menschen so produzieren.
Grundlegend für Technik- und Umweltgeschichte ist ein Gespür für die Eigenlogik der technischen und der ökologischen Sphäre. Es gibt menschliche Bedürfnisse und Erwartungen, aber denen werden Artefakte und natürliche Umwelten nicht immer gerecht. Dabei entsteht im Laufe der Zeit ein kompliziertes Geflecht von menschlichen und nichtmenschlichen Akteuren, das sich manchmal erst rückblickend entwirren lässt. Und bevor Sie nachfragen: Man braucht kein naturwissenschaftliches Studium oder ein Ingenieursdiplom, um Technik- und Umweltgeschichte zu betreiben. Es gibt sogar Technikhistoriker, die nie den Führerschein gemacht haben. Zum Beispiel mein Doktorvater.
In der Technik- und Umweltgeschichte ist der Mensch nicht die Krone der Schöpfung. Er ist eher ein kreativer und manchmal schon ziemlich kluger Zocker, der sich aber immer wieder im Wechselspiel zwischen Menschen, Artefakten und natürlichen Umwelten zu verheddern droht. Es gibt die Triumphe der Technik – aber auch jede Menge Nebenwirkungen bis hin zur globalen Erwärmung. Nicht selten geht es auch um eine Geschichte, deren Ausgang noch völlig offen ist. In der Technik- und Umweltgeschichte lernen Sie eine Menge über menschliche Wünsche und Bedürfnisse, über große und kleine Zusammenhänge, über Macht und Ohnmacht des Menschen – und manchmal lernen Sie auch etwas über sich selbst.
Jadranka Kandzija
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