Im Wintersemester 2025/26 bietet der Lehrstuhl für Technik- und Umweltgeschichte folgende Lehrveranstaltungen an:
Was genau ist mit einer Geschichte von Zeit(en) gemeint, was will und was kann sie?
Antworten darauf werden in dieser Vorlesung sowohl auf theoretisch-konzeptueller Ebene gegeben als auch veranschaulicht, vornehmlich anhand von Beispielen aus der deutschen und europäischen Geschichte eines als ‚lang‘ verstandenen 19. Jahrhunderts. Darunter fallen Debatten über Arbeitszeitverkürzungen, Meridianfragen, Ideen von „Welt-“ bzw. „Stundenzonenzeiten“, technisch-materielle Aspekte der Zeitverteilung sowie Überzeugungen zu „Zeitdieben“ und Pünktlichkeit. Ein Schwerpunkt wird dabei auf einer Geschichte von Zeit(en) seit etwa 1870 bis kurz nach dem Ersten Weltkrieg liegen: Zeitfragen waren dann im internationalen und nationalen Rahmen, auf regionaler und lokaler Ebene omnipräsent und intensivierten sich quer durch die westlichen Gesellschaften, da zahlreiche Zeitgenossinnen und Zeitgenossinnen von ihnen betroffen waren und sich entsprechend an ihrer Diskussion beteiligten.
Donnerstag 08:30 - 10:00 Uhr
Erste Sitzung 23.10.2025
HGA 20
PD Dr. Caroline Rothauge
Am 20. November 2025 jährt sich der Tod des Diktators Francisco Franco zum fünfzigsten Mal. Der Umgang mit seiner Person und dem nach ihm benannten, fast vierzig Jahre währenden Regime ist in Spanien seit einiger Zeit Gegenstand hitziger Diskussionen – sowohl auf parteipolitischer als auch auf gesamtgesellschaftlicher Ebene. Kontroversen sind unter anderem um das Valle de los Caídos (dt.: „Tal der Gefallenen“) entbrannt: eine monumentale Anlage im Guadarrama-Gebirge, die Franco als Siegesmonument und Mausoleum konzipieren ließ und von einem 142 Meter hohen Kreuz überragt wird. Für Großbauten wie diese, aber auch für Infrastruktureinrichtungen wie den Canal del Bajo Guadalquivir, wurden während des Frühfranquismus Zwangsarbeiter eingesetzt. Daneben sollte der Estado Nuevo (dt.: „Neuer Staat“) mittels Stadtplanung repräsentiert und befördert werden – angefangen bei Madrid bis hin zu neu gegründeten Dörfern im ländlichen Raum. Von einer Kontrolle der Medien wiederum – darunter Presse, Rundfunk und Film mit der Wochenschau NO-DO – versprach sich der franquistische Staat, Versatzstücke seiner Ideologie propagandistisch überhöhen und verbreiten zu können.
Diese und weitere Beispiele wollen wir im Rahmen des Hauptseminars zum Anlass nehmen, infrastruktur-, medien- und umweltgeschichtliche Ansätze mit Perspektiven der (Neuen) Kulturgeschichte und der kulturwissenschaftlichen Gedächtnisforschung zu verknüpfen, um folgenden Leitfragen nachzugehen: Wie wurden Materialitäten und Ideologisches im Franquismus miteinander verknüpft, von wem und zu welchem Zweck? Welches Nachleben haben die während des Franquismusʼ initiierten Bau- und Infrastrukturprojekte bzw. die Idee einer staatlich kontrollierten Medienlandschaft samt der von ihr generierten Inhalte?
Um eine fundiert-kontextualisierte Auseinandersetzung mit diesen Leitfragen zu ermöglichen, werden wir uns zu Beginn des Hauptseminars einen Überblick über die franquistische Diktatur erarbeiten.
Donnerstag 12:00 – 14:00 Uhr
Erste Sitzung 16.10.2025
GABF 04/711
PD Dr. Caroline Rothauge
… oder, in heutigen Worten: von Heißluftfritteuse, Youtube-Kochvideos und dem Thermomix. In jedem genannten Fall ging und geht es um Techniken und Medien, die Verbesserungen in der Organisation und Durchführung dessen versprachen und versprechen, was sich in westeuropäischen und nordamerikanischen Industrieländern historisch als ‚Haushalt‘ ausprägte. Dabei kreisten und kreisen die Erwartungen rund um deren Einsatz immer wieder um Sparsamkeit, Ordnung, Effizienz und allgemeiner um eine Steigerung des Lebensstandards, sei es auf sozioökonomischer, moralischer oder ‚hygienischer‘ Ebene – und nicht zuletzt um die Aushandlung von Geschlechterrollen. Im alltäglichen Umgang mit diesen Techniken und Medien im Haushalt geschahen und geschehen jedoch oftmals andere Dinge als gedacht. So boten und bieten Mietwohnungen etwa kaum Raum für separate Küchen oder umfassende Kücheneinrichtungen. Waschmaschinen waren für lange Zeit zu teuer, zu groß und zu umständlich zu bedienen bzw. zu befeuern, um in Privathaushalten weite Verbreitung zu finden. Zudem bestanden und bestehen Vorbehalte gegenüber synthetischen Waschmitteln. Kochbücher wiederum wurden und werden selten linear von vorne bis hinten gelesen, sondern dienten und dienen häufig als selektiv rezipierte Inspirationsquelle oder auch zum (Weg-)Träumen.
In diesem Hauptseminar sollen Techniken und Medien daher als Ausgangspunkt dienen, um folgenden Fragen nachzugehen: zum einen der, wer sich in welchen Kontexten genau was vom Einsatz bestimmter Haushaltstechniken versprach. Damit verbunden soll sich der Fokus im Seminar immer wieder darauf richten, was eigentlich unter ‚Haushalt‘ verstanden wurde – und wer jeweils als zuständig dafür galt oder gelten sollte. Zum anderen wollen wir der tatsächlichen Nutzung und dem praktischen Umgang mit diesen Techniken und Medien im Alltag nachspüren, und diese Beobachtungen mit den zuvor erarbeiteten Vorstellungen, Gesellschaftsutopien und/oder Marketingstrategien in Beziehung setzen. Zur theoretisch-methodischen Fundierung werden wir fortlaufend Perspektiven diskutieren, die – im Zusammenspiel mit technik- und mediengeschichtlichen Zugängen – besonders geeignet sind, um den genannten Leitfragen nachzugehen. Seminarbegleitende Exkursion(en) in die Bibliothek des Deutschen Kochbuchmuseums in Dortmund sind geplant.
Mittwoch 16:00 – 18:00 Uhr
Erste Sitzung 15.10.2025
GABF 04/711
PD Dr. Caroline Rothauge
Warum Sinnesgeschichte? Warum sollte man sich als Historiker*in – neben klassischen schriftlichen und bildlichen Quellen – auch mit Geräuschen und Klängen, Gerüchen, Geschmäckern und haptischen Eindrücken beschäftigen? Welche Zusammenhänge bestehen zwischen sinnlicher Wahrnehmung und soziokulturellen Ordnungsvorstellungen, etwa im Rahmen von Modernisierungstheorien oder in kolonialen Herrschaftsverhältnissen? Welche technischen und medialen Voraussetzungen wirken auf sinnliche Erfahrung ein, und wie haben sich diese im diachronen Wandel verändert? Und wie lassen sich die Sinne – also das Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten – überhaupt aus geschichtswissenschaftlicher, sprich quellenkritischer, Perspektive untersuchen?
Im Verlauf der Übung sollten Antworten auf diese Fragen anhand konkreter Fallbeispiele erschlossen werden – denn Sinn wird keineswegs nur über Texte hergestellt, sondern folgt oft ganz anderen Logiken. Gerade die methodische Auseinandersetzung mit Sinnesgeschichte verweist allerdings häufig doch wieder zurück auf… Texte. In dieser Übung wollen wir daher auf quellen- und literaturbasierter Grundlage die Möglichkeiten und Grenzen einer geschichtswissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Sinneserfahrungen ausloten.
Donnerstag 16:00 – 18:00 Uhr
Erste Sitzung 16.10.2025
GABF 04/711
PD Dr. Caroline Rothauge
Urteile über den Zustand westlicher Demokratien fallen seit geraumer Zeit pessimistisch bis düster aus: sie durchlaufen entweder eine Midlifecrisis (Runciman) oder liegen im Sterben (Levitsky/Ziblatt). Als Ursachen gelten neben autoritären Bedrohungen von rechts – etwa durch Orban in Ungarn, Trump in den USA, Erdoğan in der Türkei, Modi in Indien oder Putin in Russland – ebenso der seit den 1980er Jahren zu beobachtende Mitgliederschwund politischer Massenorganisationen, die Fragmentierung der Öffentlichkeit, schwindender Gemeinsinn, die Entmündigung des Staates durch entfesselte (Finanz-)Märkte und das verbreitete Gefühl, politisches Engagement sei vergeblich, der Gang zur Wahl folgenlos – beides nicht mehr als ein ritualisiertes Medienspektakel (Jäger).
Dieser Befund verdeckt jedoch, dass parallel zu diesen Entwicklungen eine Suche nach neuen Formen des Politischen stattfindet – nach alternativen Weisen kollektiver Weltgestaltung jenseits von Staat und Markt. Das Seminar folgt den vielfältigen Suchbewegungen gesellschaftlicher Akteure – beginnend bei den Friedens- und Hausbesetzerbewegungen am Ende des Kalten Krieges, über die Anti-Globalisierungsbewegung, queere Identitätspolitik und die cyberkulturellen Utopisten der 1990er Jahre, bis hin zur Commons-Bewegung und den Konzepten einer ‚Liquid Democracy‘ im frühen 21. Jahrhundert. Studierende erhalten zudem einen Überblick über zentrale zeitgenössische Debatten, wie jene um das «Ende der Geschichte», den Neoliberalismus und den Aufstieg des Internets. Die leitende Doppelthese lautet: Die Krise der Demokratie ist erstens eine Krise der Repräsentation und zweitens nicht mit einer Krise des Politischen an sich gleichzusetzen.
Wie die neue Politikgeschichte dieses Verständnis des Politischen aufgreift und den Blick jenseits des institutionellen Politikbetriebs erweitert, wird ein wiederkehrendes Thema unserer Diskussionen sein.
Mittwoch 16:00 – 18:00 Uhr
Erste Sitzung 15.10.2025
GABF 04/356
Dr. Lukas Held
Die Übung führt in das interdisziplinäre Forschungsfeld der Science and Technology Studies (STS) ein, das die gesellschaftliche Einbettung von Wissenschaft und Technik analysiert. Die Grundfragen lauteten: Wie sind Wissenschaft und Technik mit Gesellschaft und Politik verwoben? Wie hängen Wissen, Innovation und Macht zusammen?
Wir beschäftigen uns mit der historischen Entwicklung des Ansatzes seit den 1970er Jahren, erarbeiten zentrale Theorien, Begriffe und Konzepte und wenden diese auf umweltgeschichtliche Fragen an. Fragen wie: Welche sozialen Aushandlungsprozesse prägen technische Erfindungen wie das Fahrrad – und welche Vorstellungen von Mobilität und Umwelt werden dabei stabilisiert? Wie wurde Feuer in Nordaustralien zum Instrument einer sowohl wissenschaftlichen wie indigenen Landschaftspflege? Wie entsteht im Urwald am Amazonas Umweltwissen über tropische Böden?
Die Übung umfasst neben der gemeinsamen Diskussion theoretischer Texte auch praktische Quellenübungen.
Freitag 16:00 – 18:00 Uhr
Erste Sitzung 17.10.2025
GABF 05/707
Dr. Lukas Held
Die Ringvorlesung dient als ein Einstieg für den Forschungsschwerpunkt „Dis:Order“. Mehr Informationen zu dem Projekt und zu dem Programm der Ringvorlesung können Sie der Website entnehmen.
Dienstag 16:00 – 18:00 Uhr
Erste Sitzung 21.10.2025
HGA 20
Prof. Dr. Sandra Maß und Prof. Dr. Frank Uekötter
Das Programm folgt.
Montag 18:00 – 20:00 Uhr
Erste Sitzung 13.10.2025
Institut für soziale Bewegungen (ISB), Clemensstraße 17-19, 44789 Bochum
Prof. Dr. Stefan Berger und Prof. Dr. Frank Uekötter